Der halbe Drehsitz (ardha matsyendrāsana)

Sitzende Yogahaltungen kennt man überwiegend als Meditationshaltungen. In der āsana-Praxis kommen sie, im Vergleich mit Positionen im Liegen oder aus dem Stand, viel seltener zum Einsatz. Ein Grund könnte sein, dass Sitzhaltungen ein gutes Körpergefühl erfordern, will man sie korrekt, sinnvoll und gesundheitsfördernd üben. Der halbe Drehsitz, auf Sanskrit „ardha matsyendrāsana“ („Herr der Fische“, benannt nach dem ersten Hatha-Lehrer Matsyendra) soll mit seinen vielfältigen Varianten (vor allem in den Beinhaltungen) heute im Mittelpunkt der Kursstunde stehen. Eine, wenn nicht mit die wichtigste Voraussetzung für eine Drehung ist eine aufgerichtete Wirbelsäule. Nur so kann der Druck, der durch das intensive Drehen des Rumpfes auf die Wirbelgelenke entsteht, zu keinem gesundheitlichen Schaden führen. Das Becken bleibt in der Drehung fixiert und das Körpergewicht sollte gleichmäßig auf beiden Gesäßhälften verteilt sein. Sehr gut erfahrbar werden diese Anforderungen an die Haltung beim Üben auf einem Hocker oder Stuhl. Übt man ardha matsyendrāsana am Boden, kann eine Sitzunterlage die Aufrichtung der Wirbelsäule erleichtern. Unterstützt wird die Haltung durch die Atembewegung. Im Einatem richtet sich die Wirbelsäule auf und im Ausatem wird die Drehbewegung eingenommen oder intensiviert. Beides, Aufrichtung und Drehung, sollten sich mit Hilfe des Atems miteinander verbinden, ohne dass der eine Aspekt den anderen verliert: Die Drehung behält die Aufrichtung bei, die Aufrichtung behält die Drehung bei. Ardha matsyendrāsana erfordert wie jede Drehung einen dynamisch, symmetrisch geübten Ausgleich, um der Muskulatur und der Wirbelsäule die Möglichkeit zu geben, sich wieder auszurichten und möglicherweise entstandene Spannungen abzubauen. Hierfür eignen sich einige Wechsel zwischen Vierfüsslerstand und Blatthaltung oder zwischen Schulterbrücke (dvipāda pīṭham) und Knie-zum-Bauch-Haltung (apānāsana).