Das Ergebnis des Übens von tapas

Patanjali spricht im Yogasutra 2.43 von kaya-indriya-siddhi – von der „Vollkommenheit von Körper und Sinnen“, wenn man sich in tapas, der Selbstdisziplin, übt. Hä? Ich soll verzichten, mich disziplinieren und dann soll ich mich besser, mich „vollkommen“ fühlen? Ich habe am Freitag ein persönliches Beispiel dafür gefunden. Wenn es eine Hausarbeit gibt, die ich gerne lange vor mir herschiebe, dann ist das die Bügelwäsche. Ich bügele nur noch sehr wenige Dinge – da bin ich von meinem Perfektionismus inzwischen schon weit abgerückt. Aber bis ich mich dazu endgültig aufraffe, das Bügelbrett aufstelle und den Wäscheberg angehe, der sich über die letzten Wochen angehäuft hat, kostet es mich wirklich immer viel Überwindungskraft. Doch das Gefühl von Zufriedenheit, diese Freiheit im Geist, wenn es dann endlich erledigt ist, das entsteht nun mal nur, wenn ich mich in tapas übe und die Hemden am Ende gebügelt im Schrank hängen. Und so geht es einem ja in fast allen Dingen, die man nicht aus purer Überzeugung macht. Wenn man sich vornimmt, regelmäßig Sport zu treiben, man diszipliniert dem Ruf des Sofas widersteht, fühlt man sich oft hinterher grandios und ist froh, dass man sich bewegt hat. Andere Beispiele dafür sind vielleicht, wenn die jährliche Steuererklärung erledigt ist, wenn die Vorsorgeuntersuchung beim Zahnarzt vorbei ist, usw. Man muss sich nicht mehr weiter mit diesem Gedanken, den inneren Vorwürfen, dem ständigen Widerstand, dass diese Arbeit noch gemacht werden muss oder dieses Ereignis noch bevorsteht, beschäftigen, sondern kann sich mal ordentlich selbst auf die eigene Schulter klopfen, dass man so diszipliniert war und es erledigt hat. Und dieses Gefühl der Zufriedenheit, der Erleichterung und der Freiheit kann/soll man dann „im Körper und mit allen Sinnen vollkommen genießen“.